Qualifikationen für einen Staat

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Als Israel im August 2005 sämtliche Soldaten und Siedler aus dem Gazastreifen abgezogen hatte, verkündete Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, dass es „von diesem Tag an keine Sicherheitsturbulenz, Waffenchaos und Entführungen mehr geben wird, da dies nicht unserer Kultur entspricht.“ Was die palästinensische Kultur betrifft, war er ein schwacher Vorhersager: Mit der Chance, „Seite an Seite in Frieden und Sicherheit“ mit Israel zu leben, demonstrierten die Palästinenser, dass sie dies nicht einmal mit sich selber konnten.

Abbas wurde 2007 aus Gaza vertrieben; seit 2006 gab es keine Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen mehr; eine funktionierende palästinensische Legislative existiert nicht, Abbas tritt den 95. Monat seiner 48-monatigen Amtszeit an; er kann nicht einmal die Hälfte seines angeblichen Staates betreten; er lehnt es seit über vier Jahren ab, mit Israel zu verhandeln; er verlangt die Anerkennung eines palästinensischen Staates, doch gleichzeitig verweigert er die Anerkennung eines jüdischen; er versucht nun, als Nichtmitgliedstaat in die UN aufgenommen zu werden, obwohl „Palästina“ keine der vier Bedingungen für Eigenstaatlichkeit des internationalen Rechts erfüllt.

Laut der Montevideo Konvention von 1933, „sollte ein Staat folgende Qualifikationen aufweisen“: 1. ein definiertes Staatsgebiet; 2. eine Regierung; 3. die Fähigkeit, in Beziehung mit anderen Staaten zu treten; 4. eine ständige Bevölkerung.

„Palästina“ hat kein „definiertes Staatsgebiet“. Ein „definiertes Staatsgebiet“ kann kein Gebiet beinhalten, dessen Status und Grenzen gemäss langjährigen internationalen Vereinbarungen nur durch Verhandlungen definiert werden können. Um ein definiertes Staatsgebiet zu erlangen, muss „Palästina“ mit Israel verhandeln; bis dahin ist seine Selbstdefinition von Staatsgebiet kein „definiertes Staatsgebiet“ dem Gesetz nach, sondern lediglich eine Verhandlungsposition.

„Palästina“ fehlt eine „Regierung“. Palästina wird zur Hälfte von einer terroristischen Organisation und zur anderen Hälfte von einer nicht gewählten administrativen Instanz regiert. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden vor beinahe sieben Jahren statt und es fehlen die Kapazität (und noch mehr der Wille), um neue abzuhalten. Die Regierung der jeweiligen Hälfte betrachtet die Regierung der anderen als illegitim und beide haben damit Recht: Das eine Regime übernahm die Macht mit einem Staatsstreich und das andere bleibt auch vier Jahre nach Auslaufen der Amtszeit weiterhin an der Macht. Keine der beiden Hälften verfügt über ein rechtmässiges Regierungsgremium des vermeintlichen Staates, ganz zu schweigen von einem einzigen, das beide Hälften regieren würde.

„Palästina“ fehlt es an der „Fähigkeit, in Beziehung mit anderen Staaten zu treten.“ Abbas verfügt nicht über die Fähigkeit, die Herrschenden in Gaza einzubinden oder seine Verpflichtungen in dem Gebiet umzusetzen, dass er wenigstens betreten kann. Während seiner Amtszeit schaffte es Abbas nicht, seine dringlichsten Verpflichtungen zu implementieren, darunter die Phase I der Roadmap (welche u.a. die Entwaffnung der Hamas und anderer Terrororganisationen vorsah). Er ist derzeit ein nichtgewählter Amtsträger, der von der Hälfte seines vermeintlichen Staates nicht anerkannt wird und nicht die Fähigkeit besitzt, „Palästina“ mit irgendetwas zu verbinden.

„Palästina“ verfügt nicht über eine „ständige Bevölkerung“. Der Grossteil der Bevölkerung sieht sich selber nicht als angebliche Bürger eines neuen Staates, sondern als beständige „Flüchtlinge“ – ein vererbter Status gemäss der einzigartigen, auf die Palästinenser anwendbare Definition, und lehnt jeden Vorschlag ab, die permanente Bevölkerung eines neuen Staates zu bilden. Die Mehrheit betrachtet sich vielmehr als temporäre Bewohner, die in einen anderen Staat „zurückkehren“ wollen und nicht als permanente Bewohner des Ortes, in dem sie derzeit leben.

Wer sich weigert, ein definiertes Staatsgebiet auszuhandeln (und stattdessen verlangt, dass es einem zugestanden wird, bevor man sich zu „Verhandlungen“ herablässt); wem es an einer Regierung fehlt, welche das vermeintliche Staatsgebiet kontrolliert (und stattdessen über mehrere Regimes verfügt, denen es allesamt an Legitimität mangelt); wer nicht die Fähigkeit besitzt, Beziehungen mit anderen Staaten aufzunehmen (und die bereits unterzeichneten Vereinbarungen ignoriert); und wer Bewohner hat, die ich weigern, sich permanent niederzulassen und stattdessen ein „Recht auf Rückkehr“ in einen anderen Staat geltend machen, der erfüllt die Bedingungen für Eigenstaatlichkeit nicht.

Ironischerweise erhielten die Palästinenser zwischen 2000 und 2008 drei formale Vorschläge für einen Staat; und lehnten sie allesamt ab. Nun will eine Gruppe von Palästinensern als Nichtmitgliedstaat von der UN anerkannt werden, während sie daran scheitern, sich überhaupt als Staat zu qualifizieren, und übergehen die Tatsache, dass sie bereits dreimal ein Mitgliedstaat hätten sein können, hätten sie nur ja gesagt.

Einmal mehr ist „Palästina“ bereit dafür, ein „failed state“ zu sein, genauso wenig auf die Eigenstaatlichkeit vorbereitet wie vor einem Jahr. Artikel 10 der Montevideo-Konvention hält fest, dass das „primäre Interesse von Staaten die Bewahrung des Friedens“ sei. Der palästinensische UN-Schachzug ist nicht dazu gedacht, Frieden herzustellen, sondern die Plattform für einen Lawfare, einen Krieg mittels Anstrengung von internationalen Gerichtsverfahren, zu schaffen. Er wird die Palästinenser ihrem Staat nicht einen Schritt näher bringen, den sie schon lange hätten, wenn sie ihn tatsächlich wollten. Und er wird den Frieden noch weiter in die Ferne rücken lassen.

Rick Richman © The Commentary Magazine

Originalversion: “Palestine” Does Not Qualify as a “State” by Rick Richman © The Commentary Magazine, November 13, 2012.

2 Kommentare

  1. Es ist nicht nur so, dass ein Großteil der Palästinenser sich als Flüchtling bezeichnet, was absurd ist. 1948 flohen, nach Schätzung der UN 711.000 Menschen Richtung Osten. Im Jahr 1967 flohen wiederum 300.000 in Folge des 6 Tage Krieges. Nachdem zwischen den beiden Flüchtlingswellen nur 19 Jahre liegen, liegt die Vermutung nahe, dass eine recht große Zahl doppelt erfasst wurde.
    Übrigens, die 750.000 von der UNWRA im Jahr 1950 genannte Zahl an Flüchtlingen differiert deutlich von der, die Graf Bernadotte, der geistige Vater der UNWRA, 1948 nannte: 300.000!
    Wie kommt es aber, dass aus den maximal erfassten (inkl. der möglichen Zweifachflüchtlinge) innerhalb von 64, resp. 45 Jahren jene 5.200.000 Flüchtlinge werden können?
    Bei allem Respekt vor der arabischen Geburtenrate! Wie ist dies möglich?
    Retroaktiv wurde der Flüchtlingsstatus auf alle männlichen Nachkommen und auf legal adoptierte Kinder übertragen.
    Der Flüchtlingsstatus ist damit ein vererbbarer geworden, eine absurde Einzigartigkeit, die von der Weltöffentlichkeit billigend in Kauf genommen wird. Beendet wird er nur, wenn der „Flüchtling“ eine andere Staatsangehörigkeit annimmt. Das ist der Grund, warum Jordanien ihnen die Pässe wieder entzogen hat….
    Und er wird von der UN gefördert. Solange sich die Palästinenser, resp. deren korrupte Vertreter überwiegend als Flüchtlinge definieren, die am Tropf der UNWRA und vor allem an dem der wohlmeinenden und spende willigen Weltbevölkerung hängt, ergibt sich eine win-win Situation für beide:
    Die gewählten, oder auch nicht gewählten Volksvertreter der Bewohner von Gaza und dem WJL profitieren persönlich von den zahlreich fließenden Spendengeldern und subsidieren damit auch kräftig ihre Freunde und Getreuen. Die Mitarbeiter der UNWRA freuen sich über ihre krisenfesten Arbeitsstellen und die gute Bezahlung!
    Warum sollte man also am status quo etwas ändern und versuchen, ein Staatsvolk zu bilden?
    Dieser Schritt würde sie dazu verpflichten, Eigenverantwortung zu übernehmen. Und daran besteht keinerlei Interesse.
    Für die eigentliche Bevölkerung, vor allem im von den militanten Hamas geknechteten Gaza hingegen ist die Situation genau entgegengesetzt: sie leiden jetzt und können sich nicht wehren. Wären sie Teil eines autonomen Staatsvolkes, hätten sie hingegen jede Chance zur positiven Veränderung.

    „Wer ist Flüchtling im Sinne der UNWRA?“ (Febr. 2012)
    http://estherstagebuchauszichronyaacov.blogspot.co.il/2012_02_01_archive.html

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