Wird Gewaltlosigkeit den kurdischen Kampf in der Türkei verändern?

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Die Türkei durchläuft sowohl eine politische als auch eine moralische Krise. Einst bewegte sie sich in Richtung Demokratie, doch die Konsolidierung der Kontrolle durch den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan während der vergangenen zehn Jahre hat die Gewinne im Hinblick auf die Pressefreiheit und die Gewaltenteilung rückgängig gemacht. Erdoğan ist zum Wladimir Putin der Türkei geworden.

Während die Freiheiten der Türken weiter eingeschränkt werden, sind die Kurden selbstbewusster geworden. Obwohl Erdoğan die Arbeiterpartei Kurdistans (besser bekannt unter ihrem kurdischen Akronym PKK) als terroristische Gruppe verurteilt, erfüllt die Gruppe nicht die terroristischen Kriterien, die auf Erdoğans eigener Akzeptanz der Hamas basieren. Sicherlich, einige Ableger der PKK betreiben noch immer Terrorismus, aber die PKK selbst ist eher ein Aufstand. Sie bekämpft die türkische Armee, nicht die Zivilisten, und hält und kontrolliert in zunehmendem Masse Territorium.

Zweifellos bleibt die PKK in Diyarbakir, einem grossen Teil der südöstlichen Türkei und unter der kurdischen Bevölkerung in Istanbul, Izmir und Ankara beliebter als die türkische Regierung. Während der Terrorismus der PKK in der Vergangenheit ein Fehler war – und die Gruppe dafür im Westen delegitimierte und nicht nur die USA, sondern auch die Europäische Union davon überzeugte –, ist der Wechsel der Kurden zum gewaltlosen politischen Protest sowohl willkommen als auch effektiv.

Ein massiver Hungerstreik unter kurdischen Gefangenen in mehr als 60 türkischen Gefängnissen ist nun bei Tag 54 [5. November]. Selbst die türkische Presse erkennt den Druck an, den die kurdischen Gefangenen auf die Regierung Erdoğans ausgeübt haben. Die Regierung hat öffentliche Kundgebungen in Diyarbakir und in anderen Städten, die mit den Hungerstreikenden sympathisieren, verboten. Während Erdoğan die hungernden Gefangenen „als nur eine Show“ abgetan hat, werden die Todesfälle, die wahrscheinlich während der nächsten Wochen eintreten werden, die Legitimität von Erdoğans Strategie unterminieren. Die wachsende Unruhe und Uneinigkeit sollten auch Fragen dazu aufwerfen, wie klug es ist, die Türkei als Gastgeber der Olympischen Sommerspiele von 2020 auszuwählen.[1]

Was die USA betrifft, könnte es an der Zeit sein, die PKK neu zu bewerten, ob sie als terroristische Gruppe oder Aufstand kategorisiert werden sollte. Sollte die PKK weiterhin als Terrorgruppe bezeichnet werden, sollten die USA auch erklären, warum. Unabhängig davon sollten der kurdische Hungerstreik und die jüngste Hinwendung der Kurden zum gewaltlosen Widerstand Washington dazu bringen, seine Politik zu überdenken und sich den Kurden der Türkei zuzuwenden.

Originalversion: Will Non-Violence Change Turkey’s Kurdish Struggle? by Michael Rubin © Commentary, November 5, 2012.

[1] Istanbul konkurriert mit Madrid um die Ausrichtung der Sommerspiele 2020; die endgültige Entscheidung wird im Jahr 2013 erfolgen.