Der Iran würde rote Linien ernst nehmen

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Jüngst sind rote Linien zum dominierenden Thema, sowohl bildlich als auch wörtlich, in der Diskussion einer Iran-Politik geworden. Während Netanyahu so deutlich wie möglich die rote Linie Israels in Bezug auf den atomaren Status des Iran skizziert hat, sträubte sich Präsident Obama, eine Linie zu ziehen. Stattdessen hat er unterschiedliche, gar widersprüchliche Botschaften zwei Zuhörerschaften angetragen: an Israel gerichtet plädierte er für Geduld; und an den Iran und unwillige US-Verbündete gerichtet, warnte er, dass „die Zeit nicht unbegrenzt ist“.

Das Problem ist nur, dass ihm keiner der beiden Adressaten zu glauben scheint. Um das zu thematisieren, sollte er klare Grenzen der amerikanischen Geduld kommunizieren, indem er seine eigene rote Linie für den Iran zieht.

Während rote Linien als automatischer Auslöser oder sogar als Frist für einen Krieg falsch charakterisiert wurden, ist ihr Zweck, Diplomatie zu begünstigen. Allgemein gesagt setzten solche Linien Grenzen für Handlungen, indem sie darauf hinweisen, was Washington tolerieren wird und was nicht. Rote Linien, die von den USA gesetzt werden, sind wichtig, um die „Spielregeln“ der Geopolitik festzulegen – nicht die formellen Regeln, die von multilateralen Körperschaften wie die Vereinten Nationen, festgelegt werden, sondern informelle Regeln, die genauso eindeutig die Aktionen von Staaten lenken. Rote Linien schaffen Berechenbarkeit und können Stabilität gleichermassen Vorschub leisten, indem sie vermeidbare Konflikte abwenden und den Kontext für Diplomatie formieren.

Damit rote Linien funktionieren, müssen sie zwei Eigenschaften besitzen: Durchsetzbarkeit und Glaubwürdigkeit. Durchsetzbarkeit bedeutet, dass die Linie mit einer Handlung übereinstimmen muss, die nachgewiesen und sodann entgegengewirkt werden oder verhindert werden kann; Glaubwürdigkeit bedeutet, dass Andere glauben, dass wir diese Linie durchsetzen, wenn sie erst mal überschritten ist….

Michael Singh: A Red Line Iran Would Take Seriously © The Washington Post. October 6, 2012.