Ein Blick aus dem Westjordanland auf den Friedensprozess

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Bethlehem. Lizenziert unter CC BY-SA 2.5 via Wikimedia Commons.
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Am gleichen Tag, als das Video mit den Bemerkungen des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney bekannt wurde, der sagte, dass die „Palästinenser nicht im geringsten an Frieden interessiert sind“, kündigte die PLO an, dass sie die Möglichkeit untersuche, die Abkommen von Oslo zu kündigen.

Diese Ankündigung der PLO, die Abkommen von Oslo aufheben zu wollen und ferner die fortwährende Weigerung von Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde PA, Friedensgespräche mit Israel wiederaufzunehmen, erfolgte nach Gesprächen, die zwei Tage dauerten und von Abbas geleitet wurden. Und sie zeigt, dass Romneys Einschätzung korrekt ist.

In den letzten drei Jahren hat Abbas die Frage der Siedlungen als Vorwand benutzt, um dem Verhandlungstisch mit Israel fern zu bleiben. Bis dahin schienen die Siedlungen weder Abbas noch seinen Vorgänger Yassir Arafat, nicht zu stören. Denn Friedensgespräche mit aufeinander folgenden israelischen Regierungen wurden geführt, während die Bautätigkeit in den Siedlungen weiterging.

Abbas hat die Friedensverhandlungen mit der israelischen Regierung ausgesetzt, weil er Israel lieber eine Lösung aufzwingen will anstatt eine Lösung durch Verhandlungen zu erreichen.

Romney liegt auch richtig mit der Annahme, dass die Palästinenser von „der Zerstörung und Vernichtung Israels überzeugt“ bleiben.

Das letzte Mal, als die Palästinenser im Januar 2006 eine freie und faire Wahl abhielten, stimmte die Mehrheit der Palästinenser für die Hamas, die radikalislamische Bewegung, die sich der Zerstörung Israels verschrieben hat.

Es ist wahr, viele Palästinenser stimmten für die Hamas, weil sie das von Korruption geprägte Fatah-Lager Abbas‘ bestrafen wollten, aber letzten Endes wussten die Palästinenser, dass sie ihre Stimmen für eine Terrorbewegung abgaben, die nicht davor zurückschreckt, Selbstmordattentäter und Raketen zur Tötung unschuldiger Zivilisten loszuschicken. Viele Palästinenser sind davon überzeugt, dass die Hamas einen weiteren Sieg erzielen würde, wenn heute im Westjordanland und im Gazastreifen erneut freie und faire Wahlen abgehalten würden.

Es ist die erklärte Politik der PA in den vergangenen Jahren gewesen, Boykotts gegen Israel zu fördern und all Formen der Normalisierung mit Israelis zu kriminalisieren. Abbas und seine Regierung haben auch der Darstellung Israels als Apartheidstaat, der vom Rest der Welt geächtet werden muss, grosse Anstrengung gewidmet.

Abbas‘ Medien, Sprecher und Imame haben die Palästinenser bis zu einem Punkt radikalisiert, an dem viele von ihnen schon nicht mehr bereit sind, von Frieden mit Israel zu hören.

Abbas glaubt, dass er mit Hilfe der UN und anderer Länder in der Lage sein wird, mehr Zugeständnisse von Israel zu gewinnen, als wenn er an den Verhandlungstisch zurückkehren würde. Fast zur gleichen Zeit, als das Romney-Video veröffentlicht wurde, kündigte Abbas an, er sei „entschlossen“, während der Sitzung der Generalversammlung in New York später in diesem Monat, einen weiteren Antrag auf Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen zu stellen.

Romneys Vorhersage, dass ein palästinensischer Staat eine Bedrohung für Israel darstelle, ist nicht unberechtigt. Wenn die Hamas erst ihre Kontrolle vom Gazastreifen in das Westjordanland ausweitet, werden der Iran, Sudan und viele islamistische Terrorgruppen damit beginnen, das Gebiet in Vorbereitung auf den Dschihad gegen das „zionistische Gebilde“ mit Waffen zu überschwemmen.

Ohne den Iran, verfügte die Hisbollah nicht über die Macht, Zehntausende von Raketen in Richtung Israel zu lenken. Ohne die Unterstützung des Iran wäre die Hamas niemals in der Lage gewesen, sich im Gazastreifen an der Macht zu halten und Tausende von Flugkörpern und Raketen zu erlangen. In Zukunft werden die Iraner keine Gelegenheit auslassen, einen Fuss ins Westjordanland zu setzen.

Die antiisraelische Stimmung im Westjordanland, Gazastreifen und in der gesamten islamischen Welt ist so stark, dass der aus der Muslimbruderschaft stammende Präsident Ägyptens, Mohammed Morsi, seit Amtsantritt nicht den Mut gehabt hat, das Wort Israel auch nur einmal auszusprechen.

Schliesslich, wie kann jemand nicht einverstanden sein mit der Position, die Romney auch gegenüber der „Zweistaatenlösung“ vertrat? Ist die Zweistaatenlösung nicht bereits umgesetzt worden? Haben die Palästinenser nicht letztendlich, nicht einen, sondern gleich zwei eigene Staaten bekommen – einen im Gazastreifen und einen weiteren im Westjordanland?

War es Israels Schuld, dass die Hamas die PLO im Jahr 2007 aus dem Gazastreifen hinausgedrängt hat? War es Israels Schuld, dass eine Mehrheit der Palästinenser ein Jahr zuvor für die Hamas und ihre terroristische Agenda stimmte?

Die Taten und Worte Abbas‘ und seiner Gehilfen während der vergangenen drei Jahre beweisen zweifelsfrei, dass sie sich entschieden haben, den Weg des Friedens zugunsten einer gewaltigen diplomatischen Bemühung aufzugeben, Israel in den Augen der internationalen Gemeinschaft zu delegitimieren.

Romney sollte dafür gelobt werden, dass er verstanden hat, dass es im Konflikt im Nahen Osten nicht um eine Siedlung oder einen Kontrollpunkt geht. Vielmehr ist es ein Streit um die Existenz Israels. In der arabischen und islamischen Welt gibt es noch immer eine Mehrheit von Menschen, die sich nicht mit dem Existenzrecht Israels abgefunden hat. Im Gegensatz zu Barack Obama scheint Romney verstanden zu haben, wo das eigentliche Problem liegt.

Originalversion: The Peace Process: View from the West Bank by Hisham Jarallah © Gatestone Insitute, September 20, 2012.