UNESCO: Spiel mit dem Weltkulturerbe

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UNESCO, die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, hat es sich zur Aufgabe gemacht, „Frieden im Bewusstsein von Männern und Frauen zu schaffen“, und ihr Komitee für das Weltkulturerbe (World Heritage Committee) beansprucht, das gemeinsame Erbe der gesamten Menschheit zu sichern. Nach der Weltkulturerbekonvention von 1972 „sind Teile des Kultur- oder Naturerbes von aussergewöhnlicher Bedeutung und müssen daher als Teil des Weltkulturerbes der Menschheit als ein Ganzes erhalten bleiben“. Doch das jüngste UNESCO-Votum, die Geburtskirche in Bethlehem als Palästinas erstes „Weltkulturerbe“ aufzuführen, zeigt beispielhaft, wie das Spiel um das Weltkulturerbe gespielt wird, vor allem im Namen nationaler Interessen. Das Komitee bestand aus Algerien, Äthiopien, Deutschland, Estland, Frankreich, Indien, Irak, Japan, Kambodscha, Katar, Kolumbien, Malaysia, Mali, Mexiko, Russland, der Schweiz, Senegal, Serbien, Südafrika, Thailand und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dreizehn Mitglieder stimmten dafür, mit sechs Gegenstimmen und zwei Enthaltungen.

Die Geburtskirche für sich allein verdient weltweite Anerkennung. Tatsächlich besitzt sie als eine der wichtigsten Stätten des Christentums bereits diesen Status. Konstantin erbaute die erste Kirche dort um ca. 330 n.Chr, während die Basilika, die heute dort steht, im Jahr 565 n.Chr. von Kaiser Justinian I. erbaut wurde und Erdbeben, Invasionen und die Moderne weitgehend überlebt hat. Dass Jesus dort geboren worden sein soll, hat eine transzendente Bedeutung für über eine Milliarde Christen.

Nun ist es weder das Christentum noch die Menschheit, sondern die Palästinensische Autonomiebehörde, die das Recht ausübt, der UNESCO die Geburtskirche zu präsentieren. Hanan Aschrawi von der Abteilung für Kultur und Information der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) formulierte das UNESCO-Votum mit Worten, die auf das wahre Ziel hindeuteten, „dass Israel durch internationales Recht und Abkommen gebunden werden muss, insbesondere in Bezug auf seine illegalen und schädlichen Massnahmen als aggressiver Besatzer und als grosse Bedrohung für die Sicherheit und die verantwortliche Bewahrung dieses wichtigen Segments der menschlichen Zivilisation in Palästina.“ Omar Awadallah, Leiter der UN-Abteilung im palästinensischen Aussenministerium drückte sich deutlicher aus und sagte: „Es ist das erste Mal, dass Palästina sein souveränes Recht als Nation wahrgenommen hat.“

Verschiedene historische und archäologische Stätten als alleiniges Erbe an sich zu ketten und dadurch Anerkennung durch die Welt zu erhalten, ist seit langem Teil der Strategie der Palästinensischen Autonomiebehörde zur Erlangung der Eigenstaatlichkeit. Seit vierzig Jahren beschuldigt die UNESCO Israel der Zerstörung der palästinensischen Vergangenheit und der „Judaisierung“ Jerusalems, des Zentrums des Judentums. Bereits im Jahr 1982 wurde die Altstadt Jerusalems auf Geheiss Jordaniens als gefährdete Weltkulturerbstätte aufgeführt, und die Palästinenser haben unter anderem vorgeschlagen, dass die UNESCO die antike jüdisch-sektiererische Wüstenstätte von Qumran, einen israelischen Nationalpark, als Weltkulturerbeunter seiner Ägide aufliste. Allen Ernstes versucht die Palästinensische Autonomiebehörde auch Anspruch auf Battir — besser bekannt als Beitar —, den Ort der letzten jüdischen Festung, die während des Bar-Kochba-Aufstandes im Jahr 135 n.Chr. fiel, zu erheben.

Es wird Aufgabe der PA sein, zwischen den konkurrierenden Konfessionen der Kirche — nämlich der griechisch-orthodoxen, der armenisch-orthodoxen und des Franziskanerordens der römisch-katholischen Kirche — zu schlichten, deren Unfähigkeit, an einem Strang zu ziehen, zur Baufälligkeit des Gebäudes geführt hat. Dass die PA die Christen bedacht haben, werden sie ihr mit Unterstützung vergelten, auch wenn ihre Glaubensbrüder inmitten einer steigenden Flut von Islamismus Bethlehem verlassen.

Zudem beansprucht die PA auch die Zuständigkeit über jüdische Stätten — obwohl sie diese nicht als jüdisch anerkennt. Die UNESCO gab Forderungen der PA statt, Rachels Grab in Hebron, eine der heiligsten Stätten der jüdischen Wallfahrt seit mindestens einem Jahrtausend, als Moschee Bilal bin Rabah aufzulisten, während sie Israel dafür anprangerte, dass es die Stätte zum nationalen Erbe erklärt hatte.

Doch was wird sie im Fall der Geburtskirche unternehmen? Es ist wieder einmal eine Frage von Werten. Der Status des Weltkulturerbes der UNESCO wird zuweilen nicht bloss auf einzelne Gebäude oder Stätten, sondern auf ganze Landschaften ausgeweitet, in der Hoffnung, dass das Gütezeichen ihnen zusätzlichen Schutz vor Entwicklung verleihen wie auch ihren Wert für Touristen erhöhen wird.

Doch in einer Zone, in der sich Gesetz und Kultur verlagern, bedeutet ein UNESCO-Status nur wenig, besonders, wo eine ideologische Opposition zur Vergangenheit ausgelöst wird. In Timbuktu beispielsweise zerstören Islamisten alte Gräber muslimischer Heiliger, aus Angst, dass die an den Schreinen betenden Menschen ihre Gebete an die Verstorbenen und nicht an Gott richten. Die Generaldirektorin der UNESCO, Irina Bokowa, hat in Bestürzung mit der Faust gedroht und gesagt: „Es gibt keine Rechtfertigung für solch mutwillige Zerstörung und ich rufe alle am Konflikt beteiligten Parteien auf, diese schrecklichen und irreversiblen Handlungen zu beenden, ihre Verantwortung wahrzunehmen und dieses wertvolle kulturelle Erbe für zukünftige Generationen zu schützen.“ Doch ein Sprecher der Ansar Dine („Verteidiger des Glaubens“) in Mali war völlig offen in Hinsicht auf die Rechtfertigung der Gruppe: „Es ist sehr einfach: Es entspricht nicht den Regeln des Islam.“

Als Reaktion auf die Zerstörung erklärte die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs Fatou Bensouda: „Dies ist ein Kriegsverbrechen, das in vollem Umfang zu untersuchen mein Büro die Befugnis hat.“ Es ist jedoch recht undenkbar, dass sich islamistische Milizen für die Zerstörung lokaler Denkmäler vor Gericht verantworten werden müssen. Die Empörung und Drohungen der Welt haben die riesigen Buddha-Statuen von Bamiyan, die von den Taliban gesprengt worden sind, oder die Flusspferde des Nationalparks Manovo Gounda St. Floris in der Zentralafrikanischen Republik vor Wilderern oder die Archäologische Zone von Chan Chan in Peru vor Plünderern, Hausbesetzern, Wind oder Regen nicht geschützt.

Während die UNESCO nicht das Überleben der Stätten garantieren kann, die sie zu beschützen beansprucht, bietet sie nützliche Munition für die Regierungen, die sich hinter ihr verstecken können. Juden und Christen sind auf diese Politik und ihre Entwicklung nicht vorbereitet.

Originalversion: UNESCO and the World Heritage Game by Alex Joffe © Jewish Ideas Daily, July 16, 2012.

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