Der Mofaz-Plan: Beide Seiten werden ihn ablehnen

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Schaul Mofaz, der erst kürzlich das Ringen um die Führung der Kadima-Partei gewann, plant, sich als ernsthafte Alternative zu Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu positionieren. Während Meinungsumfragen bisher keinen bedeutsamen Anstieg in der Anziehungskraft der Kadima-Partei für die Wähler verzeichnen, zeigt sich Mofaz als ein konzentrierter, hart arbeitender Politiker – und man wird ihn nicht einfach als blosses Ärgernis für den Likud und Netanyahu, die beide die israelische Wählerschaft fest im Griff zu haben scheinen – abtun können. Als ehemaliger Stabschef der israelischen Streitkräfte und Verteidigungsminister besitzt er die notwendige Erfahrung in Sachen nationaler Sicherheit. Zudem könnte ihm seine nicht-aschkenasische Herkunft nützlich sein und Wähler aus den Reihen der Mizrahim anziehen, die bisher zur Wahl der Likud-Partei neigen.

Doch wenn Mofaz eine echte Chance haben soll, ins Zentrum der politischen Landkarte Israels vorzudringen, wird er seinen Plan für einen Palästinenserstaat mit vorübergehenden Grenzen im Westjordanland aufgeben müssen – und das aus wahltaktischen wie aus praktischen Gründen. Der Plan beinhaltet zusätzliche Gebietskonzessionen (rund 10 % des Westjordanlands) an die Palästinensische Autonomiebehörde und fordert deren effektive Kontrolle über den Gazastreifen. Darüber hinaus verpflichtet er Israel zum beinahe vollständigen Rückzug hinter die Grenzen von 1967 sowie zu einem Gebietsaustausch als Entschädigung für Israels Annektierung der Siedlungsblöcke.

Bedenkt man Israels jüngste Rückzugserfahrungen, werden Israelis kaum geneigt sein, den Palästinensern weitere Gebiete zu überlassen. Der einseitige Rückzug aus dem Gazastreifen im Jahr 2005 wird allgemein als strategisches Fiasko angesehen – das palästinensischer Kontrolle übergebene Land wurde ein Stellvertreter Irans, eine Terroristenbasis und Abschussrampe für Raketen gegen Israelische Zivilisten. Das Muster hat sich wiederholt: erst im Südlibanon, wo die Hisbollah die Macht übernahm, dann in Gaza, wo heute die Hamas regiert.

Israelis misstrauen zudem palästinensischen Intentionen insgesamt. Wählerumfragen zufolge bleibt – obwohl Israelis prinzipiell bereit sind, territoriale Zugeständnisse zu machen – eine grosse Mehrheit skeptisch gegenüber der Bereitschaft der palästinensischen Nationalbewegung zu einem historischen Kompromiss mit dem Zionismus. Das fortdauernde Insistieren der Palästinenser auf ein „Rückkehrrecht“ und ihre Forderung Ostjerusalems werden als unüberwindbare Hindernisse angesehen. Zudem sehen Israelis im Bildungssystem wie in den Medien der Palästinenser – die das jüdische Recht auf das Land Israel und insbesondere auf Jerusalem und den Tempelberg fortwährend leugnen – Instrumente zur Aufrechterhaltung des Konflikts.

Die einseitige Herangehensweise der Palästinenser in jüngster Zeit – die Verhandlungen mit Israel ausweicht und stattdessen die internationale Gemeinschaft aufruft, Israel dazu zu zwingen, die derzeit vollendeten Tatsachen zu akzeptieren – fördert nur den Eindruck palästinensischer Unnachgiebigkeit. Jede Konzession von israelischer Seite wird sich, solange die Palästinenser – zu Hause wie im Ausland – mit ihrer Kampagne gegen Israel fortfahren, in Israel selbst nur schwer verkaufen lassen. Die Palästinenser tragen nichts zum Bild eines freundlichen Nachbarn bei.

Der Mofaz-Plan, im Kern ein Rezept für eine Übergangsvereinbarung, versucht eine neue diplomatische Atmosphäre zu schaffen, indem er den Palästinensern zusätzliche Zugeständnisse (in Form von Gebieten und staatlicher Anerkennung) in Aussicht stellt, ohne im Gegenzug einen Kompromiss von ihrer Seite zu verlangen. Mofaz bietet ein wesentlich erweitertes Oslo-Paket – in der Annahme, die Palästinenser könnten sich als pragmatisch zeigen und nehmen, was ihnen angeboten wird und auf Weiteres in der Zukunft hoffen. Dieser pragmatische Schritt-für-Schritt-Vorschlag dient dazu, eine Krise zu verhindern und Zeit für die Entstehung eines politischen Umfelds zu gewinnen, das einem israelisch-palästinensischen Abkommen eher zuträglich ist.

Leider gehörte der Pragmatismus auf Seiten der Palästinenser nie zu den Elementen ihrer politischen Kultur. Tatsächlich lehnten sie den Mofaz-Plan und den Gedanken einer zusätzlichen Interimsvereinbarung vehement ab und halten stattdessen weiterhin an einer Maximalagenda fest.

Auch die derzeitige Atmosphäre in der Region fördert nicht gerade die Chancen, im palästinensischen Lager einen Keim von Pragmatismus aufgehen zu lassen. Was fälschlicherweise als „arabischer Frühling“ bezeichnet wird, verkündet vielmehr den Aufstieg radikal-islamistischer und dem jüdischen Staat extrem feindlich gesonnener Elemente. Die neuen Eliten unterstützen eher die Hamas als die in Misskredit geratene PLO-Führung, die die Veränderungen in der Region spürt und versucht, mit der Hamas eine Einigung zu erzielen. Die steht bisher noch aus – und der verstärkte Kontakt zwischen Hamas und Fatah wird kaum zu einer Verringerung des palästinensischen Forderungskatalogs führen. Zudem geht die Wahrscheinlichkeit einer Wiedervereinigung von Westjordanland und Gazastreifen unter der Ägide eines „moderaten“ Palästinenserführung – auch dies eine kaum beachtete Klausel im Mofaz-Plan – gegenwärtig wohl eher gegen Null.

Die Aufstände in der arabischen Welt haben die Bedrohungswahrnehmung der Israelis alles andere als verringert – sie neigen vielmehr dazu, auf strikten Sicherheitsvereinbarungen und Grenzen, die sich verteidigen lassen, zu beharren. Was sie sehen, ist der fortschreitende Niedergang grosser Teile der arabischen Welt, die es versäumt, den Herausforderungen der Modernisierung zu begegnen. Regionale Entwicklungen deuten auf eine zunehmende Islamisierung und Fragmentierung arabischer Staaten. Hierbei erweisen sich die Palästinenser als Wegweiser, die 2006 der Hamas zum Sieg verhalfen, die sich sodann von der Palästinensischen Autonomiebehörde abspaltete und im Juni 2007 per Staatsstreich den Gazastreifen übernahm. All dies macht die Palästinenser nicht zu verlässlichen Partnern für den Mofaz- oder irgendeinen anderen Friedensplan.

Originalversion: An Israeli View – Both Sides Will Reject It by Efraim Inbar © bitterlemons.org, March 23, 2012 Edition 13: “The Mofaz Plan”.