Liebesgrüsse aus Teheran

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Das iranische Regime hat es derzeit nicht gerade leicht. Wie lange sich Assad, einer der engsten Verbündeten der Mullahs, noch halten kann, scheint absehbar zu sein. Sein Sturz könnte den iranischen Einfluss in Syrien als auch die Hisbollah im Libanon empfindlich schwächen. Zudem scheint die westliche Staatengemeinschaft allmählich einzusehen, dass dem Iran mit einem „kritischen Dialog“ nicht beizukommen ist. Die gemeinsamen Sanktionen der EU-Länder geben Zeugnis davon. Lediglich die Schweiz geht hier einmal mehr einen Sonderweg und sieht beispielsweise vorerst von Sanktionen gegen die iranische Zentralbank ab.[i] Dennoch scheint man, abgesehen von einigen Unverbesserlichen wie Erich Gysling, Daniele Ganser (der in der Talkshow Baslerzeitung Standpunkte im Schweizer Fernsehen erklärte, es gehe in Wahrheit nur um Öl) oder natürlich Geri Müller, auch hierzulande zu ahnen, dass ein nuklearer Iran tatsächlich eine inakzeptable Option darstellt – nicht bloss für Israel, sondern die gesamte Region.

Wie gut, dass nun info8 in die Bresche springt. Das Onlineportal, welches darüber berichten will, „was andere verschweigen“, organisiert am 2. Mai einen „öffentlichen Info-Anlass“ im Luzerner Bahnhof-Buffet. Mit „qualitativ hochwertigen Referenten“ soll ein Gegengewicht geschaffen werden zur „immer einseitigeren und unausgewogenen“ Berichterstattung und den „Vorverurteilungen“, mit denen versucht wird, „das Land und seine Bevölkerung pauschal in eine Ecke zu drängen und zu dämonisieren.“

Die Referenten, Adolf Amrein-Gapp und Urs Lisibach, sind kaum bekannt und es ist wenig über sie in Erfahrung zu bringen, ausser dass Lisibach offenbar seit Jahren „Landmaschinen“ in den Iran exportiert.

Angekündigt ist der Auftritt des iranischen Botschafters in der Schweiz, Alireza Salari, der „Stellung zu aktuellen Fragen rund um den Iran nehmen und mögliche Auswege aus der aktuellen Krise präsentieren“. Das Augenmerk liege dabei „auf Hintergrundinformationen, die dem Westen grösstenteils unbekannt sind“.

Es verspricht spannend zu werden, wie Botschafter Salari die konsequente und unnachgiebige Verfolgung religiöser Minderheiten, Homosexueller und Oppositioneller durch sein Regime, die wiederholten Drohungen aus Teheran, Israel zu vernichten, den Widerwillen, das iranische Atomprogramm bekanntzugeben und die regelmässige Holocaustleugnung seines Präsidenten dem Publikum plausibel zu erläutern gedenkt.

Alt-Nationalrat Dominique Baettig, laut info8 ein Iran-Kenner, wird sich am Schluss gemeinsam mit dem iranischen Botschafter den Fragen des Publikums stellen.

Doch machen einige Interpellationen zum Thema Iran und die Unterzeichnung eines Aufrufs zur „Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens“[ii] den SVP-Mann bereits zum Iran-Kenner?  Baettig fiel bislang vor allem durch seine Vergangenheit und  kontroverse Äusserungen auf, die ihm den Vorwurf, rassistische wie auch antizionistische/antisemitische Positionen zu vertreten, einbrachten.[iii] Auch wetterte er in einem offenen Brief an Bundesrätin Simonetta Sommaruga über das letztjährige Bilderberger-Treffen in St. Moritz und fabulierte darin von einer „globalen Elite von Bankiers, Industriellen, Diplomaten“, welche „Richtlinien der wirtschaftlichen Globalisierung koordinieren, organisieren und strukturieren“.[iv]

Mit diesen Äusserungen war ihm der Applaus seitens Verschwörungstheoretiker und Infokrieger sicher, die das Bilderberger-Treffen als Teil der sogenannten „Neuen Weltordnung“ betrachten.

Auch info8 ist in diesen Kreisen zu verorten. Im letzten Jahr dokumentierte das Portal unter anderem eine Aktion um den 11. September auf und dokumentierte den Aufruf zu einer sogenannten „Al Kreida“-Aktion. Damit sollte die offizielle Version der US-Regierung zu den Anschlägen vom 11. September 2001 in Frage gestellt werden.

Zudem betreute ein Redaktionsmitglied von info8  früher die Homepage der PNOS Partei National Orientierter Schweizer. Wahrscheinlich findet sich  im Archiv des Onlineportals auch deshalb ein ziemlich wohlwollender Artikel über einen Parteitag in Biel anlässlich des 10-jährigen Jubiläums dieser rechtsextremen Partei.

Genauso dubios sind die Links, die info8 den Besuchern zur „Informationsbildung“ empfiehlt. Neben dem Alles Schalle und Rauch-Blog aus der Verschwörungsecke, werden vor allem die Webseiten der staatlichen iranischen Fernsehgesellschaft IRIB (Islamic Republic of Iran Broadcasting) genannt (auch PressTV und Sahar English TV gehören zur IRIB). Und auch die angeblich „unabhängige“ Farsnews steht laut dem Wall Street Journal unter der Kontrolle der iranischen Revolutionsgarde.

Dass das iranische Regime nun bereits auf solche dubiose Partner setzen muss, um in der Öffentlichkeit etwas Eigenwerbung zu betreiben, spricht Bände. Die seltsame Zusammenarbeit steht nämlich geradezu exemplarisch für die zunehmende Isolation, die Teheran weltweit erfährt. Info8 und Co. spielen derweil dankbar die Rolle der nützlichen Idioten in der iranischen Charmeoffensive.

 


[i] Vonplon, David: Neuer Ärger für die Schweiz – wegen lascher Iran-Sanktionen, tagesanzeiger.ch, 20. April 2012 (aufgerufen am 24. April 2012)

[ii] Reflexion: Die Liste, reflexion-blog.com, 6. Januar 2012 (aufgerufen am 24. April 2012)  – Baettigs Name findet sich mittlerweile nicht mehr auf der Liste der Unterzeichnenden. Ob er sich vom Aufruf distanzierte oder ob die Aufrufenden nichts mit Baettig zu tun haben wollten, nicht bekannt.

[iii] Stutz, Hans: Es ist mir eine Ehre, WOZ, 10. Dezember 2009 (aufgerufen am 24. April 2012)

[iv] Baettig, Dominique: Brief an Bundesrätin Simonetta Sommaruga, we-are-change.ch, 11. Mai 2011 (aufgerufen am 24. April 2012)

 

Über Michel Wyss

Michel Wyss ist freischaffender Analyst bei der Audiatur-Stiftung und beschäftigt sich hauptsächlich mit Sicherheitspolitik im Nahen Osten. Er absolviert derzeit ein MA-Studium in Government mit Fokus auf Internationale Sicherheit am Interdisciplinary Center in Herzliya, Israel und ist als Research Assistant beim International Institute for Counterterrorism (ICT) tätig.

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