Syrien: Der Salafist, der die Rebellion auslöste

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„Ich bin al-Qaida.“ Von Anfang an hat Al-Qaida an der Spitze der Rebellion gestanden.

Die französische Tageszeitung Libération veröffentlichte Anfang Februar ein Interview mit Scheich Louay al-Zouabi, einem selbsterklärten salafistischen Imam aus Daraa in Syrien; er behauptet, eine Fatwa ausgesprochen zu haben, die den Aufstand gegen die Herrschaft Baschar al-Assads auslöste. Der Salafismus, eine radikale fundamentalistische Strömung im Islam, proklamiert die Rückbesinnung auf die Salaf, Mohammeds Gefährten und Anhänger der ersten Generationen. Es ist dies die gleiche Form des Islam, die auch von al-Qaida vertreten wird; dass er deren Vorstellungen teile, sagt al-Zouabi an anderer Stelle ungerührt.

Auf die Frage, wie die „Intifada“ in Daraa begann, berichtet al-Zouabi der Libération:

[Sie begann] mit der Festnahme und Folter von einem Dutzend Kinder, das älteste war zwölf Jahre alt.  „Das Volk will die Regierung stürzen“, hatten sie an Hauswände geschrieben. Ihre Väter wollten dann mit den Sicherheitskräften über ihre Freilassung verhandeln. Dabei wurde ihnen gesagt: „Wenn ihr noch einmal hierher kommt, werden wir euch verhaften, und eure Frauen werden wir dazu bringen, uns die Füsse zu küssen.“ Eine Anwältin, die die Kinder verteidigen wollte, wurde ins Gefängnis gesteckt, und sie rasierten ihr den Kopf – das ist noch unehrenhafter, als sie zu töten. Dies war es, was die Menschen am 20. März auf die Strasse gehen liess.

Bei der Demonstration eröffneten laut al-Zouabi die Sicherheitskräfte das Feuer auf die Demonstranten und töteten sechs von ihnen. Als Reaktion auf diese Ereignisse, sagt er, hat er seine Fatwa ausgesprochen, die den Sturz Baschar al-Assad fordert.

In einem anderen Interview vom vergangenen November mit der französischen Wochenzeitung Le Nouvel Observateur erklärte al-Zouabi, in Afghanistan und Bosnien gekämpft zu haben, zwei bekannten Brennpunkten des Dschihad. Ein Artikel der englischsprachigen libanesischen Zeitung The Daily Star stellt darüber hinaus fest, dass er „zur selben Zeit in Sudan lebte wie der frühere Al-Qaida-Führer Osama bin Laden“. Nach dem Ende des antisowjetischen Dschihad hatte Bin Laden  Operationen von Afghanistan weg und in den Sudan verlegt, bevor er 1996 nach Afghanistan zurückkehrte. Im Gespräch mit dem The Daily Star bekennt al-Zouabi sich nicht nur dazu, „viele der Überzeugungen al-Qaidas zu teilen“; er sagt sogar unverblümt: „Ich bin Al-Qaida, nur dass ich bereit bin, [mit Christen] zu sprechen und die Ermordung Unschuldiger ablehne.“ Al-Zouabi sagt, er sei gegen die Angriffe vom 9. September gewesen, habe aber den „Widerstand“ gegen die US-Truppen im Irak unterstützt.

Sara Daniel von Le Nouvel Observateur erklärt Al-Zouabi, der Berichten zufolge von 1993 bis 1998 in Syrien inhaftiert war, er predige heute einen „neuen Salafismus“, der anderen Religionen gegenüber tolerant sei. „Ich habe mich verändert während der sechs Jahre, die ich in Baschars Gefängnis verbracht habe“, sagt er. „Ich habe gewisse Verse des Korans umgedeutet. Heute betrachte ich Sie nicht mehr als Ungläubige. Ausserdem“, fügte er hinzu, „beachten Sie, dass ich Sie nicht auffordere, einen Schleier zu tragen. Ich unterlasse lediglich, Sie anzusehen, wie mein Gott es befohlen hat…“

In seinem jüngsten Interview mit der Libération bittet al-Zouabi um internationale militärische Unterstützung für die Truppen, die sich gegen Assad wenden. „Die friedliche Bewegung ist beendet“, meint er. „Wir haben Menschen, die bereit sind zu kämpfen, aber was uns fehlt, sind Waffen, Material, logistische Kapazitäten. Und ich möchte dem Westen einen wichtigen Grundsatz mitteilen: Sobald die Revolution gesiegt hat, werden wir internationale Vereinbarungen respektieren, und es ist uns an sehr guten Beziehungen zur internationalen Gemeinde gelegen.“

„Und wenn der Westen überprüfen will, wofür ich militärisch stehe“, verspricht al-Zouabi, „bin ich bereit, militärische Operationen an vorab vereinbarten Orten durchzuführen.“

Die Obama-Regierung hat jüngst vor der „Infiltration“ der syrischen Oppositionsgruppen durch al-Qaida gewarnt; es sei ihnen „möglicherweise nicht bewusst“, dass sich die Extremesten in ihren Reihen befinden. Doch Scheich Louay al-Zouabis nonchalantes „ich bin al-Qaida“ und sein Bericht über die Ursprünge der Rebellion gegen Assad deuten auf ein ganz anderes Szenario hin: dass al-Qaida von Anfang an der Spitze der Rebellion stand.

Originalversion: Syria: The Salafist Who Launched the Rebellion by John Rosenthal © Stonegate-Institute, February 29, 2012.