Die wachsamen Augen der NZZ

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Die NZZ gehört zu den Medien, die immer darauf aufpassen, was im Nahen Osten passiert, jedenfalls wenn es um Israel geht. Am Montag konnten wir lesen (Aus Wohnwagen werden Häuser, NZZ, 12.12.2011), dass Israel „den Bau von 40 neuen Häusern im Westjordanland genehmigt“ hat. Und natürlich wurde gleich eine Sprecherin von „Peace Now“ zur Kritik daran zitiert, aber selbstverständlich auch der palästinensische Sprecher Sajeb Erakat. Die NZZ sagt uns: „Die Palästinenser wollen einer Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Israel nur zustimmen, wenn der israelische Siedlungsbau im Westjordanland und in Ostjerusalem gestoppt wird.“ Das stimmt, nur stimmt auch, dass sie erst an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn Israel auch die Grenzen vor 1967, nämlich die Waffenstillstandslinien von 1949 anerkennt. Es soll alles ein Fussballspiel gewesen sein, das die arabischen Armeen zwar mehrfach verloren haben, aber nun doch wieder nicht die entsprechenden Folgen hinnehmen wollen. Doch selbst als Israel 9 Monate den Ausbau von Siedlungen gestoppt hat, ist Abbas nicht an den Verhandlungstisch gekommen. Die NZZ hat das offenbar nicht gemerkt.

Die NZZ passt vielmehr auf – als wenn sie ein Schiedsrichter wäre. Natürlich nur auf das, was die Israelis machen. Oder haben wir schon irgendeinmal in der NZZ etwas über das fanatisch antisemitische Fieber gelesen, das im Fatah-Land ebenso wie in Hamastan geschürt wird – in den Medien, die sich von ausländischen Subventionen finanzieren? Ich erinnere mich nicht. Es gäbe da viel zu berichten und zu beklagen. Aber die NZZ weiss sich der alteuropäischen Tradition verpflichtet: Wenn es sich um Moral handelt, muss man vor allem auf Juden aufpassen. Es gibt einige Fachleute, die sagen, dass das grösste Hindernis für einen Ausgleich zwischen den Palästinensern und den Israelis der hemmungslose palästinensische Antisemitismus ist. Das hat die NZZ noch nicht einmal als diskussionswürdig erachtet, wohl auch nicht zur Kenntnis genommen. Früher hatte einmal die BaZ die Rolle der kontinuierlichen antiisraelischen Berichterstattung gespielt. In der NZZ konnte man mitunter nüchterne Analysen lesen. Damals.

Ekkehard W. Stegemann

12 Kommentare

  1. Kleines Wörterbuch für NZZ-Leser:

    Westjordanland = Judäa + Samaria
    Palästina = Heimatland des Jüdischen Volkes
    Nächstes Jahr in Palästina = Nächstes Jahr in Jerusalem
    Israels Russen = Jüden aus der ehemaligen Sowjetunion
    Palästinenser = Arabischen Palästinenser
    Israels Sicherheit = nicht diskutieren + kein interesse
    Faschistoiden Rechts Nationalism = Jüdisch und demokratisch
    Avigdor Lieberman = Ewige Liebe

  2. "Vom Holocaust zur Nakba. Kontroverse Geschichtsbilder bei Arabern und Juden" – ist heute die fettschrift bei NZZ (29.11.2012, Nr. 279 seite 7).

  3. Israel ist heute (5.11.2012) schon wieder in der NZZ (Neue Zionistische Zeitung?) erste Seite .

    Beduinen "fühlen sich vom Staat diskriminiert (1te und 5te) und "…Hass auf Lieberman.." (seite 14).

  4. Die NZZ war einst die Zeitung, die ausgewogen berichtete. Für meinen Geschmack ist die NZZ-Online heute das Portal der eher rechten Israel- und Judenhasser. Andererseits ist der TA (und die BAZ) die Zeitung der eher linken Israel- und Judenhasser.

  5. Shalom.
    Alles was diese Damen und Herren über Israel und sein Volk der Zeitung NZZ schreiben
    ist darauf ausgerichtet, Lügen und Hetze gegen Israel zu verbreiten. Die Palis sind die braven, die keiner Fliege
    was zu leide tun. karl

  6. Danke fuer den Beitrag, Herr Pro. Stegemann. Bei mir hat diese Nachricht auch Kopfschuetteln ausgeloest und die leise Hoffnung, dass der eine oder andere Leser vielleicht die Absurditaet erkennt:

    Wenn Wohnwagen zu Haeusern werden, dann sei das ein Verstoss gegen internationales Recht und ein ernsthaftes Hindernis fuer den Friedensprozess.

    Wenn wieder mal Raketen auf zivile Ziele in Israel abgeschossen wurden, habe ich in der NZZ noch nie derart klare Worte gelesenץ Fast koennte man meinen, dass Raketen auf Zivilisten mit dem Voelkerrecht konform sind und dem Frieden dienen.

    Die 40 Wohnwagen befinden sich uebrigens in einer Kleinstadt, die mit hoechster Wahrscheinlichkeit bei Israel bleiben wird, wie auch pal. Politiker schon ueber die Lippen gebracht haben.

  7. Mich wundert nicht wenig, dass dem Kommentator die sprachliche Suggestivität des Titels ("Wohin treibt ….") nicht auffällt. Die Wahl dieses Verbs treibt 😉 einen geradezu zur beabsichtigten Assoziation.

  8. Eine Veranstaltung mit dem Titel „Wohin treibt Israel?“ besuche ich nicht, zumal wenn in der Ankündigung noch steht: „Schon immer hat Israel mehr polarisiert als andere Länder vergleichbarer Grösse.“ Die Sprache verrät die einseitige Projektion der Veranstalter. Ich kann das, wenn verlangt, philologisch erläutern. Ob Naomi Chazan wie die NZZ das gravierende Problem des Antisemitismus in den palästinensischen Medien für unbeachtlich hält, ist mir nicht bekannt. Aber ich mache mir eine unabhängige Meinung und für die brauche ich nicht noch irgendeinen israelischen Vormund, hinter dem ich mich verstecken kann. Ich halte mich da an Kant: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Und zwar mit Gründen und nicht mit Hinweis auf tatsächliche oder nur scheinbare Autoritäten. Auch der Hinweis auf die ZEIT als Mitveranstalter bringt mich nicht ins Wanken. Meine Erfahrung ist, dass schon eine Reihe von als höchst seriös angesehenen Medien gegen journalistische Pflichten gesündigt haben, wenn es um Israel geht. Und es geht nicht um Meinungen, sondern um belegbare komplexe Tatsachen.
    Ekkehard. W. Stegemann

  9. Schade, dass Herr Prof. Stegemann, der ja in der Nähe von Basel wohnt, Ende November nicht an der Informationsveranstaltung "Wohin treibt Israel?" im Theater Basel war, organisiert von der hochrenommierten deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" (oder, wenn er denn da war, nicht darüber berichtet hat). Da hat man von Prof. Naomi Chazan, einer langjährigen Knesset-Angehörigen, ganz Anderes über Israel vernehmen können. Per saldo lag es deutlich näher bei der Berichterstattung der NZZ, als was Herr Prof. Stegemann auf Audiatur-online berichtet. Selektive Wahrnehmung offensichtlich.

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