Formen des Staatsterrorismus

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AMIA jüdisches Gemeindezentrum in Buenos Aires, 18. Juli 1994

Die eigene Zivilbevölkerung zu bedrohen, ist in Teilen der muslimischen Welt eine traditionelle Form von Staatsterrorismus. Allerdings hat nun eine zweite Form des Staatsterrorismus an Bedeutung gewonnen, und zwar eine mörderische. Hier einige Beispiele: Syrische Soldaten erschossen am 11. Juli zehn Teilnehmer einer Beerdigungsprozession in der Stadt Homs. [1] Während der Beerdigung des kurdischen Anführers Mashaal Tammo am 8. Oktober in Qamishli schossen syrische Sicherheitskräfte willkürlich in die Menschenmenge, töteten fünf der Trauergäste und verletzten drei. [2] Am darauffolgenden Tag wurden 24 Kopten von ägyptischen Sicherheitskräften in Kairo getötet und mehr als hundert verletzt.[3]

Man könnte viele weitere Beispiele für solch tödlichen Staatsterrorismus anführen, unter anderen aus Libyen und dem Jemen. Das Prinzip ist das gleiche: arabische Regierungskräfte bedrohen ihre eigenen Bürger nicht nur, sondern töten sie vorsätzlich.

Eine dritte Form von Staatsterrorismus ist es, wenn ein Land versucht, ausländische Bürger ausserhalb der eigenen Staatsgrenzen zu töten. Die kürzlich geplanten Anschläge auf den saudischen Botschafter und die israelische Botschaft in Washington, beide auf Befehl des Iran, sind Beispiele hierfür.

Für solch mörderischen Staatsterrorismus gibt es äusserst brutale Belege. 1982 wurden unter Präsident Hafez al-Assad vom syrischen Regime in der Stadt Hama mindestens zehntausend Menschen getötet – wahrscheinlich sogar wesentlich mehr. Die Getöteten waren Zivilisten. Saddam Husseins Luftwaffe liess 1988 Giftgas über der kurdischen Stadt Halabja im Nordirak ab und tötete so Tausende Menschen.[4] Noch mörderischer war die Al-Anfal- Kampagne im gleichen Jahr, bei der schätzungsweise 100.000 Kurden,  hauptsächlich Zivilisten, von irakischen Sicherheitskräften im Nordirak getötet wurden.

Auch gibt es ausreichend Beweise über die Tötung von mehr als 1.200 Gefangenen 1996 in Abu Salim in Libyen, deren Überreste nun offenbar gefunden wurden.

Ahmad Vahidi auf der Fahndungsliste von Interpol

Ein schwerwiegender Fall von mörderischem Staatsterrorismus durch einen muslimischen Staat im Ausland fand 1994 statt, als auf das jüdische Gemeindezentrum AMIA in Buenos Aires ein Bombenanschlag verübt wurde. Dabei wurden fünfundachtzig Menschen getötet und 300 verletzt. Es war der grösste Anschlag auf Juden ausserhalb Israels seit dem Zweiten Weltkrieg.  Zwei Jahre zuvor wurde ebenfalls in Buenos Aires 1992 die israelische Botschaft Ziel eines Bombenanschlages, bei dem 29 Menschen getötet wurden. Die Angreifer konnten nie ausfindig gemacht werden. Erst 2006 klagte der argentinische Staatsanwalt Alberto Nisman den Iran und die Hisbollah für den Anschlag auf AMIA an. Unter den acht Verdächtigen, deren Inhaftierung der Staatsanwalt forderte, war der ehemalige iranische Präsident Hashemi Rajsanjani.[5] Zu den Angeklagten gehörte weiter der iranische Verteidigungsminister Ahmad Vahidi. Nach seinem Besuch in Bolivien im Mai entschuldigte sich die bolivianische Regierung bei Argentinien, ihn eingeladen zu haben.[6]

Die Morde an Zivilisten in Israel als auch von Israelis und Juden im Ausland durch Palästinenser werden weiterhin simpel als Terrorismus bezeichnet werden. Selbstmordanschläge könnten in Zukunft als Staatsterrorismus eingestuft werden, wenn es einen palästinensischen Staat gibt.

Eine weitere Form von Staatsterrorismus ist die Androhung von Gewalt gegen ausländische Zivilisten. Der syrische Präsidenten Bashir al-Assad drohte dem türkischen Aussenminister Ahmad Davotuglu Anfang Oktober, sollte Syrien von der NATO angegriffen werden, würde es Hunderte Raketen auf Tel Aviv abfeuern. Ebenso, sagte er, würde er die Hisbollah aufrufen, einen massiven Raketenangriff auf Israel zu starten.[7] Auch solche Bemerkungen haben in der muslimischen Welt Vorläufer: 2001 drohte der iranische Präsident Rafsanjani, Israel mit einer Atombombe auszulöschen.[8]

Um vom weitverbreiteten Staatsterrorismus in der muslimischen Welt abzulenken, beschuldigen einige ihrer Staatsführer stattdessen Israel. So warf der türkische Ministerpräsident Recep Tayip Erdogan während seines Afrika-Besuchs im Mai Israel vor, Staatsterrorismus zu  betreiben.[9]

Und auf einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrates vor einigen Wochen behauptete der syrische Gesandte Faisal al-Hamwi, dass die israelischen Menschenrechtsverletzungen, von denen Palästinenser der syrischen staatlichen Nachrichtenagentur SANA zufolge berichten den „von Israel praktizierten Staatsterrorismus“ beweisen.[10] Und da sind die westlichen Freunde der Hamas-Völkermordanstiftung: zwei linksextreme norwegische Ärzte, Mads Gilbert und Erik Fosse, behaupten in ihrem Buch, Israel hätte  den Gazastreifen angegriffen, um Frauen und Kinder zu töten. Der norwegische Aussenminister Jonas Gahr Stoere und der ehemalige Ministerpräsident Kare Willoch verleihen dem Buch mit ihren Kommentare auf der Rückseite des Buches Glaubwürdigkeit.

Im Gegensatz zu diesen falschen Anklagen erklärte der ehemalige Kommandant der britischen Streitkräfte in Afghanistan Oberst Richard Kemp, dass die israelischen Streitkräfte IDF in „Gaza mehr zur Sicherstellung der Bürgerrechte in einer Kampfzone geleistet haben, als jede andere Armee in der Kriegsgeschichte.”[11]

Israel hat so gut wie nichts unternommen, den muslimischen Staatsterrorismus beim Namen zu nennen. Das Ergebnis: wer sich als verbaler Vegetarier verhält, wird leicht zum Opfer verkehrter Wahrheit.

Dr. Manfred Gerstenfeld hat zwanzig Bücher veröffentlicht. Darunter einige zum Thema Antisemitismus und Antiisraelismus.


[1] “Syrian troops ‘kill mourners in Homs assault,’” BBCNews 19 July 2011.
[2] “Syrian Forces Kill 5 During Funeral of Kurdish Leader,” VOANews.com 8 October 2011.
[3] “Cairo clashes leave 24 dead after Coptic Church protest,” BBCNews 9 October 2011.
[4] “1988 Thousands die in Halabja gas attack,” On this day BBC News, 16 March 1988.
[5] “Iran charged over Argentine bomb,” BBC News, 25 October 2006.

[6] Robin Yapp, “Iran defence minister forced to leave Bolivia over 1994 Argentina bombing,” Telegraph 1 June 2011.

[7] “Assad Warns to Set fire on Middle East in case of US Attack,” Fars News Agency 4 October 2010.
[8] “Former Iranian President Rafsanjani on Using a Nuclear Bomb against Israel,” MEMRI, Special Dispatch Series, No. 325, 3 January 2002.
[9] “Erdogan: Israel practices state terrorism, has nuclear bomb.” Jerusalem Post, 10 May 2011.
[10] “Syria’s UN envoy: Israel committing ‘state terrorism’ against Palestinians,” Haaretz, 17 October  2011.

[11] Jonathan Hoffman, “Col Richard Kemp’s speech to ‘We Believe in Israel’ Conference – London, 15 May,” Jewish Chronicle, 23 May 2011.